Der Tag, an dem die Sonne starb

Roman von Yan Lianke

In einem kleinen Dorf in den Bergen, wie es in China zahllose gibt, lebt der vierzehnjährige Li Niannian mit seinen Eltern, die einen Bestattungsladen betreiben. Niannian bezeichnet sich als Niemand, »ein Staubkorn auf einem Haufen Sesam, eine Nisse auf einem Kamel, einem Ochsen oder Schaf«. Alle nennen ihn den dummen Niannian, doch gerade er wird zum unbestechlichen Chronisten der unheimlichen Begebenheiten, die sein Dorf heimsuchen und sich im Laufe einer zunehmend bizarrer werdenden Nacht zutragen. Zunächst bemerkt er ein seltsames Ereignis: Statt sich bettfertig zu machen, tauchen immer mehr Nachbarn auf den Straßen und Feldern auf und gehen ihren Geschäften nach, als wäre die Sonne noch nicht untergegangen. Ratlos bemerkt er, dass sie traumwandeln und dabei alle ihre Wünsche ausleben, die sie während der wachen Stunden unterdrückt haben. Immer mehr Traumwandler tauchen auf, und es dauert nicht lange, bis die Gemeinde im Chaos versinkt. Als der Morgen anbricht, die Sonne aber ausbleibt und die Nacht nicht zu enden droht, erhält das über Jahre von seinem Vater gesammelte Leichenfett der Kremierten eine neue Bedeutung, und es liegt nun an ihm und Niannian, die Stadt mit einem Sonnenaufgang in den neuen Tag zu führen.

 

Yan Lianke

1958 geboren, gehört zu den wichtigsten Schriftstellern Chinas. Einige seiner Romane wurden sofort nach Erscheinen verboten, andere haben eine riesige Leserschaft. Er hat alle wichtigen Preise Chinas gewonnen, hat 2014 den Franz-Kafka-Preis gewonnen, war und ist Finalist des Man Booker International Preises 2016 wie 2017 und muss ständig mit Zensur kämpfen, weil er sich nicht an die Sprachregelungen und Denkverbote der Partei hält.